1. Augustfeier 2019 Festrednerin Simone Richner in Aarwangen
Bereits durch meine Ur-Grosseltern eng mit Aarwangen verbunden wecke ich sicherlich an diesem Tag in einigen von euch die Erinnerung an frühere 1. Augustfeiern hier auf dem Muniberg in Aarwangen.
In meiner Kindheit bedeutete diese Feier für mich vor allem Licht. Zuerst das Tragen des Lampions, wo ich ängstlich darauf bedacht war, dass mein Lichtlein ja nicht verlosch, dann das bewundernde Staunen der explodierenden Raketen des Gemeindefeuerwerks am Himmel. Als ich ein wenig älter wurde habe ich mich dann auch aktiv an der 1. Augustfeier beteiligt, indem ich von bengalischen Zündhölzern über Zuckerstöcke bis zu Raketen mein eigenes, sehr viel bescheideneres 1. Augustfeuerwerk gestaltete. Heute stehe ich nun vor Ihnen auf dem Höhepunkt meiner aktiven Beteiligung an der Bundesfeier und darf Ihnen meine heutigen Gedanken zu diesem Anlass mitteilen.
Durch Ihr zahlreiches Erscheinen beweisen Sie, liebe Damen und Herren, ein aktives Interesse an unserer Schweiz und ihren Traditionen. Dieses Gemeinschaftsinteresse führte auch 1291 zur Gründung der Schweiz. Uri, Schwyz und Unterwalden schlossen sich mit dem Ziel zusammen, um mehr Freiheit und Rechtssicherheit zu erlangen.
Die Schweiz funktioniert auch heute noch nach den Werten Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt. Wir sind ein freiheitsliebendes Volk und sind bereit, dafür auch Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Dadurch, dass wir diese Verantwortung übernehmen, leben wir den Gemeinsinn. Wir sorgen uns um unsere Nachbarn und lassen niemanden zurück. Der Fortschritt hat unser Land geprägt. Viele visionäre Persönlichkeiten schrieben an der Erfolgsstory Schweiz mit. Dank ihnen ist sie zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt geworden. Diese Werte haben unsere Heimat geformt. Diese Ziele gehören jedoch nicht der Vergangenheit an. Nein, sie sind immer noch hoch aktuell. Auf allen Ebenen übernehmen wir Verantwortung, kämpfen dafür, das eigene Leben frei gestalten zu können.
Definitionsgemäss ist Freiheit ein Zustand, indem jemand frei von bestimmten persönlichen und gesellschaftlichen als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen unabhängig ist und sich in seinen Entscheidungen nicht eingeschränkt fühlt. Ich weiss, diese Definition ist lang und kompliziert, aber über google gesichert.
Freiheit, was das gleiche bedeutet wie Selbstbestimmungsrecht, gehört zu den Grund- und Menschenrechten und somit zu jeder modernen Demokratie. In der Präambel der Bundesverfassung von 1999 wurde bereits zementiert, „dass nur frei ist, wer seine Freiheit gebraucht“. Was heisst das für uns? „Freiheit gebrauchen“ bedeutet nicht ängstlich, sicherheitsbedacht oder risikoscheu zu sein. Nein, „Freiheit gebrauchen“ heisst auch für sie einzustehen und notfalls dafür zu kämpfen.
Perikles, ein griechischer Staatsmann im Athen des 5. Jahrhunderts hat Freiheit so definiert: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut.“
Die Schweiz ist eine Willensnation und zwar nicht nur im Sinne des historischen Zusammenhalts. Wir sind eine Nation, die sich schon immer durch ihren starken Willen ausgezeichnet hat. Wille ist also etwas urschweizerisches. Wille steht am Anfang jeder Veränderung, jeden Fortschritts, jeden Erfolgs. Nur wer einen Willen hat und diesen hartnäckig verfolgt, wird ihn auch durchsetzen können. Die Politik muss es jenen, die wollen, ermöglichen, auch erfolgreich zu sein. Hierfür verteidigen wir die liberalen Grundrechte. Man muss denken können, was man will. Man muss sagen können, was man will. Und man muss tun können, was man will. Erst dann wird Wille zur Veränderung wirklich möglich!
Ständig droht aber eine Beschränkung von Freiheiten. Es reicht daher nicht, sich auf die alten Vordenker zu stützen. Die Erhaltung der heutigen Freiheit muss ein stetiger Prozess sein, durch den Menschen neue Lebenswege und Lebenschancen für weitere Generationen von Menschen erkunden und vorbereiten können.
Seien wir also wie die Begründer der Eidgenossenschaft mutig und stehen wir zusammen für die Freiheit ein. Es gilt die damaligen Werte an die heutige, sich schnell verändernde Zeit anzupassen. Dies verlangt neue Betrachtungsweisen und Ideen.
Die Schweiz ist heute ein Erfolgsmodell – dies ist jedoch nicht selbstverständlich und ebenso wenig nur das Resultat von langer, harter Arbeit und richtigen Entscheiden von den freisinnigen Gründern 1848 bis heute. Die Schweiz ist die Heimat für Menschen, die gewillt sind, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen. Von Menschen, die ihr Schicksal durch Fleiss, Respekt und Engagement selbstbewusst gestalten. Die Schweiz ist unsere Heimat.
Dieses Erfolgsmodell zu sichern und in die Zukunft zu tragen, ist die grosse Aufgabe unserer Zeit. Nur so können wir die Zukunft der Schweiz aktiv gestalten, unsere Errungenschaften bewahren und weiterentwickeln. Heimat bedeutet aber nicht nur einfach Käse, Kühe, Alphörner und saftige Alpwiesen. Heimat geht viel weiter.
Heimat bedeutet daheim sein. Sie definiert sich nicht über einen geographischen Ort, sondern vor allem über Gefühle. Bei mir sind es Gefühle der Zugehörigkeit, der Vertrautheit und der Sicherheit. Damit wir uns daheim fühlen können, stehen wir alle in der Verantwortung, uns für unsere Gemeinschaft einzusetzen!
Wir leben in einer spannenden Zeit, in der vieles noch mitgestaltet werden kann. Aber auch in einer Zeit, die hohe Anforderungen an jeden stellt. Engagement, schöpferischer Sinn und Gestaltungswille sind hier die Schlüsselworte, die dafür sorgen, dass unsere Schweiz auch morgen noch lebenswert bleibt. Und dies genau ist mein Wunsch an Sie, liebe Mitgestalterinnen und Mitgestalter des diesjährigen Nationalfeiertags in Aarwangen, bleiben sie engagiert, schöpferisch und phantasievoll.